Der Roman von Hilde Shmerling setzt ein im März 1975, wenn Alfred, Abigails Mann, die völlig verweste Leiche der vermutlich schon vor sechs Monaten verstorbenen Ethel in ihrer Wohnung findet. Hinterlassen hat sie nichts als “einen Krempel Geschriebenem“, Zettel mit Notizen, Briefe und Kopien ihrer eigenen Briefe auf Kohlepapier. Gequält von der Frage nach der Ursache ihres unbemerkten Todes beginnt Abigails Suche “nach der Wahrheit Ethel Werimers“. Sie liest ihre Aufzeichnungen und lebt sich in wachsender Identifikation, “wie im Fieber“, in das Leben dieser Frau, Mutter, Mathematiklehrerin, Freundin, ein. Ebenso wachsen auch in der Leserin die Spannung und der Wunsch, immer mehr von der Verstorbenen zu erfahren. In ihren Briefen erlebt sie die sinnlich spürbare Präsenz der Verfasserin. Denn Ethel Werimer berichtet nicht distanziert von ihrem Leben in Hamburg und Umgebung, sondern wendet sich wie in einem unmittelbaren Gespräch an ihre Adressaten, beteiligt an deren Lebensgeschichten, hineingezogen in vergangene Schicksalsschläge und sich jetzt ereignende Tragödien. Sie sucht Liebe, sie ist auch selbst voller Liebe, voller Hingabe, aber irgendwie haut‘s nicht hin.